Joghurt's Techblog

Gegenüberstellung Motorradhelmsprechanlagen: Bluetooth und PMR

Für ein Forum habe ich mal eine Gegenüberstellung von Bluetooth- und PMR-Sprechanlagen am Beispiel des Sena SMH10 und des Midland G7 XT gemacht:

Definition
Beide "Headsets" bestehen aus einem aktiven Teil, welcher Sender, Empfänger und Akku enthält,
und einem passiven Teil, der aus Kabeln, einem Mikrofon und zwei Lautsprechern besteht und in den Helm eingebaut wird.

Größe und Gewicht
• Beim SMH10 wiegt der aktive Teil 59g bei einer Größe von 53x37x85mm,
• das G7 wiegt 220g bei 60x36x194mm (letzeres inklusive der im PMR-Standard vorgeschriebenen fest ins Gehäuse eingebauten Antenne).

Unterbringung
• Das SMH10 wird komplett direkt am Helm untergebracht, daher gibt es keine Kabel, die vom Helm wegführen.
• Aufgrund seiner Größe und Masse kann der aktive Teil beim G7 eigentlich nicht direkt am Helm angebracht werden sondern muss separat untergebracht werden, wodurch ein Kabel zum Helm führen muss (von der Jacke oder vom Tankrucksack oder wo auch immer es Platz findet).

Lautstärkeanpassung
• Das SMH10 verfügt über eine automatische Lautstärkenanpassung, die je nach Hintergrundlärm die Lautstärke unmerklich anhebt oder absenkt. Damit hört sich ein Gesprächspartner an der Ampel subjektiv genauso laut an wie bei 100 km/h.
• Das G7 verfügt über einen manuellen Lautstärkedrehknopf und kann die Lautstärke nicht selbst anpassen. Die Lautstärke muss daher während der Fahrt aktiv über den Drehknopf angepasst werden (beachte den Umgebungslautstärkeunterschied zwischen Landstraße, Stehen an der Ampel, Autobahn und 30er-Zone...).

Sprachqualität
• Ein Gespräch zwischen zwei SMH10 besitzt in etwa die Sprachqualität einer Unterhaltung unter Benutzung zweier Handys, und das bis etwa 80 km/h. 100 km/h sind auch noch kein Problem; bis etwa 120 km/h gehts, wenn man deutlich spricht.
• PMR-Funk hat einen Frequenzhub von etwa 2,5kHz bei einer Anfangsfrequenz von etwa 300Hz, es werden also nur die tiefen Frequenzen bis etwa 2,8kHz übertragen (beachte: die menschliche Sprache enthält Obertöne bis 12kHz, etwa beim "s"). Somit klingt hier eine übertragung dumpf, in etwa, als würde man durch ein Kissen sprechen oder sich den Mund leicht zuhalten.

Zu Beachten ist dabei, dass Umgebungsgeräusche beim Motorrad hauptsächlich niederfrequenter Natur sind, also gerade die niedrigen Frequenzen stark überlagert werden (ein Motorrad brummt, es zischt nicht).
Aus der Erfahrung kann ich sagen: Wenn ich beim Motorrad fahren über mein Headset Musik höre, dann höre ich subjektiv nur die hohen Töne (umso schneller desdo höher), Bass höre ich so gut wie keinen!

Die Sprachqualität war für mich seinerzeit der Hauptgrund, das "mehr" an Geld in die Hand zu nehmen und auf Bluetooth zu wechseln.

Duplex
• Bluetooth-Sprechanlagen nutzen Vollduplex, d.h. alle Teilnehmer eines Gesprächs können wie beim Handy alle gleichzeitig reden, eine dritte (vierte, fünfte) Partei hört alle Sprecher gleichzeitig.
• PMR-Funk nutzt Halbduplex, d.h. es kann immer nur einer reden. Versuchen mehrere gleichzeitig zu reden, so hört eine dritte Partei nur Störungen.

Batteriekappazität
• Beim SMH10 beträgt die reine Sprechzeit etwa 12 Stunden, danach muss es für etwa 3-4 Stunden geladen werden, der Akku kann nicht ausgetauscht werden.
• Unter exemplarischer Verwendung von 2000mAh-Akkus liegt die reine Sprechzeit beim G7 rein rechnerisch bei etwa 4 Stunden, es verwendet normale AA-Batterien/Akkus.

Reichweite
• Das SMH10 erreicht laut Hersteller unter Idealbedingungen etwa 900 Meter, meine Erfahrung zeigt 200-800 Meter (entspricht bei uns 3 bis 5 sprechanlagenlosen Motorradfahrern zwischen zweien mit SMH10).
• PMR hat laut Wikipedia eine maximale Reichweite von 5 Kilometern unter Idealbedingungen, zur tatsächlichen Ausbreitung kann ich nichts sagen, soweit sind wir nie gekommen.

Das die Reichweite beim SMH10 so stark schwankt liegt an der Frequenz: Bluetooth arbeitet bei 2,4GHz , PMR arbeitet auf 446MHz (also etwa einem fünftel der Frequenz von Bluetooth).
Funk auf niedrigen Frequenzen verhält sich wie Wasser: es kann bis zu einem gewissen Grad auch Berge "umfließen". Daher die im Vergleich zu Bluetooth eher homogene Ausbreitung, mehr oder weniger umabhängig von den Hinternissen in der Landschaft.
Bluetooth verhält sich im Vergleich mehr wie Licht: Man kann mit relativ wenig Licht schon relativ weit gesehen werden (wenn es dunkel ist), wenn aber ein Hindernis auftaucht, und es eine gewisse Dichte hat, hat man ein Problem.
Genau so verhält es sich auch mit Bluetooth: wenn es um eine Kurve geht, und in der Kurve steht ein Berg, dann kann auch schon mal nach 200 Metern Schluß sein.

Mehrwert
• Das SMH10 kann zusätzlich gleichzeitig mit zwei Handys, einem drahtlosen und einem kabelgebundenen MP3-Player verbunden werden.
Man kann also während der Fahrt Musik hören (beim SMH10 aber nur entweder Musik oder Gespräch, nicht beides gleichzeitig!) und telefonieren, wenn man will. (Telefonieren funktioniert z.B. so gut, dass meine Frau nur daran erkennt, dass ich gerade auf dem Motorrad unterwegs bin, dass sie keinerlei Hintergrundgeräusche hört. :) )
• Das G7 kann auch vom Helm getrennt genutzt werden.

Preis
• Laut einer einfachen Google-Suche liegt der aktuellen Preis für ein Doppelpack SMH10 bei derzeit 300 Euro,
• ein Doppelpack G7 XT und zwei Mikrofon/Kopfhörer-Kombinationen gibts schon ab etwa 85 Euro.